Europäischer Emissionshandel:
Der Handel mit CO2 in Europa
Die Europäische Union nutzt seit dem Jahr 2005 das Emissionshandelssystem (EU-ETS) als Instrument der Klimaschutzpolitik. Seit 2012 ist auch der Luftverkehr einbezogen. Das bedeutet, dass jede Fluggesellschaft, die innerhalb Europas Flüge durchführt, für einen Teil der ausgestoßenen CO2-Emissionen entsprechende CO2-Zertifikate kaufen muss.
Emissionshandel – kurz erklärt
In Europa wurde 2005 der Emissionshandel primär für Großemittenten wie Kraftwerke eingeführt. Für einen Teil der von einem Kraftwerk ausgestoßenen CO2-Emissionen müssen seitdem vom Kraftwerksbetreiber CO2-Zertifikate erworben werden. Diese werden zum Beispiel an der Börse gehandelt und werden von denjenigen verkauft, die genau diese CO2-Emissionsmengen eingespart haben. Seit 2012 nimmt auch der Luftverkehr am Europäischen Emissionshandelssystem teil und zahlt somit für einen Teil seiner CO2-Emissionen. Der Preis pro Tonne CO2 variiert sehr stark: Nachdem der Preis lange Zeit deutlich unter 20 Euro blieb, steig er zuletzt deutlich an. Im April 2022 lag der Preis dann bei etwa 80 Euro.
Neben circa 10.000 energiewirtschaftlichen Anlagen werden auch fast 6.000 Luftverkehrsbetreiber aus mehr als 150 Ländern in den Emissionshandel einbezogen. Der Emissionshandel ist ein so genanntes Cap & Trade-System. Dabei wird eine Obergrenze (Cap) für die Menge von zulässigen Treibhausgasemissionen festgelegt, die alle emissionshandelspflichtigen Teilnehmer pro Handelsperiode ausstoßen dürfen. Die Teilnehmer bekommen die entsprechende Menge von Emissionsberechtigungen (European Union Allowance, EUA) entweder kostenlos zugeteilt oder sie ersteigern sie. Dabei entspricht eine EUA der Emission von einer Tonne CO2.
Die Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt (Trade) werden. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, das geringere Mengen an Schadstoffen ausstößt als zulässig, Emissionszertifikate an Unternehmen mit Anlagen, die mehr CO2 ausstoßen als zulässig, verkaufen kann. So werden die Unternehmen belohnt, die in neue effizientere und sparsamere Technologien investieren. Ein Unternehmen, das mehr CO2 ausstößt, als ihm zugeteilt wurde, wird dadurch animiert, in klimafreundliche Technologien und Verfahren zu investieren, damit es in Zukunft ebenfalls weniger Emissionszertifikate kaufen muss. Auch wenn der Preis eines einzelnen Zertifikats nicht hoch erscheint, so summieren sich die Kosten für Emissionszertifikate im Laufe des Jahres für viele Unternehmen auf mehrere hundert Millionen Euro.
Emissionshandel im Luftverkehr
Seit 2012 nimmt auch der Luftverkehr am Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU-ETS) teil. Zu Beginn wollte die EU alle Flüge, die in der EU starten und landen, in ihr System einbeziehen. Allerdings stieß dieses Vorgehen auf Widerstand von Drittstaaten. Diese fühlten sich in ihrer staatlichen Souveränität beschnitten. Daraufhin reagierte die EU und beschränkte den Emissionshandel im Luftverkehr auf innereuropäische Flüge.
Seit dem Einbezug des Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel (EU-ETS) müssen Fluggesellschaften für einen Teil ihrer ausgestoßenen Emissionen CO2-Zertifikate kaufen. Jeder Fluggesellschaft steht dabei eine Freimenge an Emissionen zu. Für alle Emissionen, die über diese Freimenge hinausgehen, müssen Zertifikate dazugekauft werden. Damit hat jede Fluggesellschaft einen zusätzlichen Anreiz, möglichst kraftstoffsparende Flugzeuge einzusetzen, da diese zugleich weniger CO2 ausstoßen. Dadurch müssen sie wiederum weniger Zertifikate kaufen.
CO2-neutrales Wachstum durch Emissionshandel
in Europa
Bei Einführung des Emissionshandelssystems für den Luftverkehr in Europa hat sich gezeigt, dass viele Staaten den europäischen Emissionshandel ablehnen. Diese Länder kritisieren das europäische System, weil sie einen Eingriff in ihre eigene staatliche Souveränität sehen und weil die Regelungen auch Emissionen im internationalen Luftraum einbeziehen. Um eine Einigung für ein globales Klimaschutzinstrument auf internationaler Ebene nicht zu gefährden, beschränkte die Europäische Kommission den Emissionshandel für das Jahr 2012 auf die innereuropäischen Flüge. Alle Flüge außerhalb Europas unterliegen seither nicht mehr dem EU-Emissionshandelssystem. Dies führte dazu, dass überwiegend europäische Fluggesellschaften vom EU-ETS betroffen sind, da diese den Großteil an innereuropäischen Flügen durchführen. Derartige europäische Insellösungen erzeugen nur wirtschaftliche Verzerrungen und Konflikte und schaden letztlich dem Klima – denn geflogen wird weiterhin – nur nicht mit europäischen Fluggesellschaften, sondern mit denjenigen Fluggesellschaften, deren Drehkreuz außerhalb Europas liegt und somit die Flüge dorthin nicht dem europäischen Regime unterliegen. Zielführend für mehr Klimaschutz ist nur eine internationale Lösung.
Im Oktober 2013 fasste die ICAO-Vollversammlung den Beschluss, ein globales marktbasiertes Instrument einzuführen, das ab 2020 weltweit ein CO2-neutrales Wachstum im internationalen Luftverkehr ermöglicht. Daraufhin hat das EU-Parlament Anfang 2014 beschlossen, dass der europäische Emissionshandel beim Flugverkehr zunächst bis zum Jahr 2016 auch weiterhin auf innereuropäische Flüge begrenzt bleibt. Im Herbst 2016 einigten sich schließlich alle Mitgliedsstaaten der UN-Luftfahrtorganisation ICAO darauf, das Klimaschutzinstrument CORSIA ab 2020 weltweit einzuführen. Im Jahr 2017 wurde vom europäischen Gesetzgeber beschlossen, das Emissionshandelssystem bis 2023 für den innereuropäischen Flugverkehr fortzuführen. Wie CORSIA und EU-ETS in der EU aufeinander abgestimmt werden, wird 2021 im Rahmen der Revision der Emissionshandelsrichtlinie festgelegt.
Vom europäischen Emissionshandel
zum weltweiten Klimaschutzinstrument CORSIA
Die UN-Luftfahrtorganisation ICAO hat im Herbst 2016 beschlossen, das Klimaschutzinstrument CORSIA ab 2020 weltweit einzuführen. Das Offsetting-System CORSIA ist ein Baustein der weltweiten Klimaschutzstrategie der Luftfahrt. CORSIA sorgt dafür, dass die wachstumsbedingten CO2-Emissionen der Luftfahrt ab 2020 kompensiert werden. Da stellt sich die Frage: Was wird aus dem Europäischen Emissionshandelssystem für den Luftverkehr?
Die Europäische Kommission sieht vor, weiterhin alle Flüge innerhalb Europas in den europäischen Emissionshandel einzubeziehen, auch wenn das für europäische Fluggesellschaften gegenüber dem globalen Wettbewerb einen Nachteil schafft. Denn: Fluggesellschaften, die nicht innerhalb der EU starten oder landen, sind in den Zertifikatehandel nicht eingebunden.
Flugabdeckung im
Europäischen Emissionshandel (EU-ETS)
Ungleiche Abdeckung zwischen europäischen und ausländischen Fluggesellschaften
Was die EU dabei außer Acht lässt: Das internationale Klimaschutzinstrument CORSIA bringt gegenüber EU-ETS deutlich bessere Effekte im Klimaschutz. In einer Studie der unabhängigen Forschungs- und Beratungsorganisation CE Delft wird die Abdeckung der zu kompensierenden CO2-Emissionen zwischen dem europäischen Emissionshandelssystem und CORSIA betrachtet. Verglichen werden drei Varianten des europäischen Emissionshandelssystems für den Luftverkehr:
- „Full Scope“: Sie umfasst – wie anfangs von der EU geplant aber nie umgesetzt – alle Flüge aus und in den europäischen Wirtschaftsraum. Dieser Ansatz bleibt Theorie.
- 50/50-Ansatz: Es werden alle innereuropäischen Flüge und 50 Prozent aller abgehenden und ankommenden Flüge betrachtet. Der sogenannte Luftraumansatz – auch dieser ist Theorie.
- Intra-EU-ETS: Diese Variante bildet die jetzige Situation mit der Beschränkung auf innereuropäische Flüge ab. Bis 2020 geht CE Delft vom bisherigen CAP, also der Obergrenze, wie viele Treibhausgasemissionen pro Handelsperiode von den Teilnehmern ausgestoßen werden dürfen, von 95 Prozent aus. Ab 2021 rechnen die Analysten – wie zurzeit bei den stationären Anlagen diskutiert – mit einer Absenkung des CAPs um 2,2 Prozent pro Jahr.
Das Ergebnis: CORSIA würde bereits im Jahr 2022 mehr CO2-Emissionen zur Kompensation nachfragen, als das momentan geltende EU-ETS, das sich auf den innereuropäischen Luftverkehr beschränkt. Ab 2027 würde die Emissions-Kompensationsnachfrage der 50/50-Variante erreicht und der Full-Scope, der nur eine rein theoretische Variante bleibt, ab 2032.
Diese Abschätzungen wurden vor Beginn der Corona-Pandemie gemacht. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage durch Covid-19 fällt eine Prognose für die Entwicklungen der kommenden Monate und Jahre schwer.
Nachfrage an CO2-Kompensation
Vergleich des europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) und CORSIA - vor der Corona-Pandemie
In den letzten Jahren arbeiteten die ICAO und ihre Mitgliedstaaten daran, dass CORSIA effektiver und effizienter ist, dass der internationale Luftverkehr ab 2020 CO2-neutral wachsen kann und der Klimaschutz aktiv vorangetrieben wird. Bislang haben sich 88 Staaten bereit erklärt, von Anfang an CORSIA umzusetzen – also auch in den freiwilligen Phasen. Diese Staaten decken bereits rund 77 Prozent der weltweiten Luftverkehrsleistung ab. Ab 2027 müssen dann weitere ICAO-Mitgliedsstaaten verpflichtend teilnehmen. Wie CORSIA und EU-ETS in der EU aufeinander abgestimmt werden, wird 2021 im Rahmen der Revision der Emissionshandelsrichtlinie festgelegt.
Nationale Emissionshandelssysteme weltweit
Wie bereits erläutert, ist das Instrument eines Emissionshandelssystems geeignet, Klimaschutzziele zu erreichen. Für den Luftverkehr hat sich die ICAO für ein anderes System, das Offsettingsystem CORSIA entschieden. Es gilt weltweit für alle internationalen Flüge. Während sich die ICAO um die CO2-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr kümmert, haben sich die Staaten weltweit im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens dazu verpflichtet, ihre jeweiligen nationalen CO2-Emissionen zu reduzieren. Weltweit führen daher immer mehr Staaten Emissionshandelssysteme ein. Diese Staaten haben sich in der „International Carbon Action Partnership“ zusammengeschlossen. Im Zentrum der Arbeit der ICAP steht auch der Austausch von Wissen und Erfahrungen, um den Klimaschutz weltweit voranzutreiben. In Europa ist der Luftverkehr bereits in das Emissionshandelssystem mit einbezogen. Auch China plant diese Maßnahme für seine innerstaatlichen Flüge langfristig umzusetzen. Auf der Karte sind die weltweiten Aktivitäten zu Emissionshandelssystemen zu sehen.